Wie geht es mit dem Sinfonieorchester der italienischen Schweiz weiter? Das fragen sich viele besorgte Tessinerinnen und Tessiner, seit die SRG im November bekanntgegeben hat, das Abkommen mit der Stiftung für das Orchestra della Svizzera italiana, kurz: OSI, auf den nächstmöglichen Termin Ende 2017 zu kündigen.
Laut dem Abkommen beteiligt sich die SRG heute mit zwei Millionen Franken jährlich an der Finanzierung des Orchesters. Die RSI, die italienischsprachige Regionalgesellschaft der SRG, stellt weitere 700 000 Franken für Gastdirigenten und Gastmusiker zur Verfügung. Das OSI besteht aus rund 40 Instrumentalisten und muss für einzelne Repertoires zusätzliche Musiker engagieren.
Vor 80 Jahren als Radioorchester gegründet, wirkte das Ensemble über Jahrzehnte als Orchester sowohl fürs Radio wie fürs Fernsehen. Als die SRG Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre beschloss, ihre Beiträge zu kürzen, sprang der Kanton Tessin ein. Heute finanziert der Kanton das OSI mit jährlich vier Millionen Franken. Sollte die SRG ihre Förderung noch weiter stutzen, würde die Lage prekär. Ist es gerechtfertigt, dass die SRG ihr eigenes Werk, ein Instrument zur Erschaffung und Verbreitung von Kultur, in diesem Falle von Musik, einfach seinem Schicksal überlässt? Nein.
Das Budget der SRG ist enorm, es beträgt 1,6 Milliarden Franken. Ist es möglich, dass da kein Raum bleibt, um dem Orchester im Sinne des Föderalismus ein Weiterleben zu sichern? Dabei geht es weniger um Solidarität als um die Vielfalt im föderalistischen Zusammenleben. Die Schweiz ist eine Einheit in der Verschiedenheit. Ausserdem hat das OSI inzwischen einen international anerkannten Ruf. Seit letztem Jahr steht es unter der Leitung von Markus Poschner, einem weit über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus geschätzten Dirigenten. Und seit jüngstem hat das Orchester auch eine neue Heimat, das Kulturzentrum LAC in Lugano.
Mitfinanziert wird das Orchestra della Svizzera italiana durch die erwähnten Beiträge des Kantons sowie privater Geldgeber, etwa der Stiftung und des Vereins Freunde des Orchesters. Auch die SRG sollte weiter ihren Beitrag leisten. Die Konzerte des OSI sind Teil des Kulturschaffens, das zum Service public der SRG zählt. Erst recht in einer Region, die sprachlich und kulturell eine Minderheit ist. Als Land und als Gemeinschaft, die sich zu gemeinsamen Grundwerten (zu denen die Musik gehört) und einer inneren Vielfalt bekennt, können wir nicht immer weiter zurückkrebsen. Wir brauchen den Mut, dem Abbau unserer wertvollsten Errungenschaften Einhalt zu gebieten.

Marina Masoni / Articolo apparso sulla NZZaS il 10 gennaio 2015

Pubblicato il: 15/01/2016