Vom 3. bis zum 13. August wird in Locarno zum 69. Mal das internationale Filmfestival über die Leinwände gehen. Die magische Piazza Grande in der Altstadt von Locarno wird wieder Zehntausende Filmliebhaber ins Tessin locken. Kein anderes Festival verfügt über so viel Anziehungskraft und eine vergleichbare Kulisse. Der Pardo, wie der Leopard auf Italienisch heisst, setzt nun zum Sprung in sein siebzigstes Lebensjahr an: 2017 wird Festivalpräsident Marco Solari den runden Geburtstag feiern können.
Die Leitung des Festivals durch Präsident Marco Solari ist stets sicher, solide und erfolgreich. Der Mann hat Charisma, Enthusiasmus, eine enorme Leistungsfähigkeit, und er ist auch in der übrigen Schweiz verankert und geschätzt. Marco Solari ist der Mister Festival schlechthin. Dabei ist seine Aufgabe alles andere als einfach. Er steht als Garant für künstlerische Freiheit und hat diese stets verteidigt. Eine Zeit nach ihm können wir uns kaum vorstellen.
Das Tessin kann sich keine Atempause leisten. Es muss für sein Festival immer wieder neue und ehrgeizige Ziele ins Auge fassen und mit der Zeit gehen. Das ist auch das Credo von Festivalpräsident Marco Solari. So wird nächstes Jahr der Kinopalast hinter der Piazza Grande eingeweiht, als neuer Hauptsitz des Festivals mit Büros, Archiven und einem Bildungszentrum. Das ist ein Qualitätssprung.
Das Festival erhält die nötige Anerkennung: So wird auf der neuen Zwanzigfrankennote eine Filmprojektion auf der Piazza Grande zu sehen sein. Auch bei der Finanzierung erfolgte vor einigen Wochen eine wichtige Bestätigung: Das Bundesamt für Kultur unterstützt von 2017 bis 2020 neun Schweizer Filmfestivals mit insgesamt 3,38 Millionen Franken pro Jahr. Fast die Hälfte davon – genauer: 1,51 Millionen Franken – ist für Locarno bestimmt, wo das Budget 12,9 Millionen Franken beträgt.
Im Tessin blicken manche besorgt nach Zürich: Das wachsende Zürcher Filmfestival zieht immer mehr Stargäste an. Doch der Unterschied zwischen den beiden Veranstaltungen ist gross. Locarno verzeichnete im letzten Jahr 164 000 Zuschauer. Zürich zählte 85 000 Zuschauer, bei einem Budget von 7,1 Millionen Franken.
Die Herausforderung von Locarno wird es sein, die Qualität und Originalität der Werke – vor allem im Wettbewerb – mit dem Glamour und den grossen Namen auf der Piazza zu vereinbaren. Bis jetzt ist dies dem Festival gelungen. Kulturelle Qualität steht nicht im Gegensatz zu Popularität und Publikumserfolg. Die Verschmelzung dieser beiden Dimensionen ist das Erfolgsrezept.

Marina Masoni / Articolo apparso sulla NZZ am Sonntag il 24 luglio 2016

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Pubblicato il: 16/08/2016